Überführung nach La Rochelle

Nachdem Martin anreiste, machten wir uns auch bald auf den Weg, um uns einen frühen Start am nächsten Morgen zu ermöglichen. Dazu nutzen wir das Nachmittagshochwasser, um, nach einem kurzen Tankstopp, die offene Schleuse nehmen zu können. Nach etwa 4sm Fahrt ankerten wir vor Dale.

Segeln nach Dale

Am nächsten Morgen ging es dann früh los. Wir hatten die ganze Zeit einen guten Raumwindkurs mit ausreichend Wind und angenehmer Welle. Immer wieder kamen Delfine vorbei und sprangen ums Boot herum. Ursprünglich wollten wir eigentlich „nur“ die 120sm bis zu den Isles of Scilly fahren, um dort auf das nächste Wetterfenster zu warten. In den Vorhersagen sah es allerdings sehr schlecht für die anschließende Woche aus. Wir entschieden uns also, direkt durchzufahren (und damit zwei Nächte unterwegs zu sein).

Delfine werden nie langweilig

Den nächsten Handyempfang gegen 2 Uhr morgens bei Land’s End nutzten wir, um die Formalitäten der Aus- und Einreise zu klären, da wir somit spontan UK verlassen würden. Das stellte sich für Frankreich als etwas kompliziert heraus, da man eigentlich erst einen Platz in einer Marina braucht und dann 24h vorher ein Formular für den Zoll abschicken muss. Wir schickten beide Anfragen zusammen an einen Hafen und hofften, dass es klappt.

Übrigens waren die Nächte erheblich wärmer als bei der Atlantiküberquerung. Das Wasser hat mittlerweile eine Temperatur von ca. 15°C und es ist fast 24h am Tag 14°C warm. Das machte die Nachtfahrten (vor allem zu zweit) deutlich angenehmer.

Endlich wieder schönes Wetter bei Nachtfahrten

Die Bedingungen bei der Überfahrt über den Ärmelkanal waren weiterhin sehr angenehm. Man konnte aber zwischendurch immer mal wieder merken, warum er durchaus für gefährliche Bedingungen bekannt ist. Immer wenn die Tidenströmung gegen die Wellen drehte, wurde es für eine Zeit deutlich ungemütlicher.

Viel los im Ärmelkanal

Unterwegs hatten wir dann noch das Problem, dass der Generator einfach ausging. Unsere Ursachensuche führte uns zum Dieselfilter, der wieder völlig verstopft war – die Dieselpest ist zurück. Martin nahm’s sehr sportlich, freute sich über meine Erfahrung und tauschte den Filter. Danach funktionierte es wieder – wer weiß wie lang. Da Martin aber sowieso in La Rochelle einen neuen Tank einbauen lassen will, ist das jetzt nicht so dramatisch. Bis dahin fahren wir in kritischen Situationen (Hafen) wieder aus einem Kanister, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Mitten in der nächsten Nacht kamen wir dann in französischer Handyempfangsnähe an. Leider hatten wir keine Antwort vom Hafen bekommen. Damit wir nicht die ganze Nacht darauf warten mussten, dass das Hafenbüro aufmacht, beschlossen wir kurzerhand nach Brest weiterzufahren und auf dem Weg dorthin, am nächsten Morgen, alles telefonisch zu klären.

Da unser Wetterfenster, wie vorhergesagt, gegen Mitternacht endete, mussten wir einen Teil der verbleibenden Strecke gegen den Wind ankreuzen. Den nötigen Umweg nutzten wir, um in der Nacht ausreichend Abstand von den vorgelagerten Riffen zu halten. Die Neumondnacht war sternenklar und so verbrachte ich den größten Teil meiner Schichten damit, die Sterne anzuschauen.

Am nächsten Morgen rief Martin dann in Brest an und alles war ganz unkompliziert. Also legten wir gegen 14 Uhr im Hafen an und klarierten ein, was völlig ohne Probleme lief. („ELMY? Yes we’ve got the mail. Everything ok.“)

Ankunft in Brest

Brest

In Brest gingen wir abends noch etwas müde bei einem Italiener Pizza essen. Typisch französisch ;-). Am nächsten Tag schauten wir uns Brest an, bevor abends ein Tiefdruckgebiet mit Regen durchzog. Nachdem dieses vorüber war, konnten wir dann am Sonntagmorgen wieder ablegen.

Der Hafen von Brest
Die Innenstadt weckt irgendwie Erinnerungen an das alte Karlsruhe
Blick zurück aus der Seilbahn, die…
… zu einem alten Industriegebäude führt, in dem Ausstellungen, Geschäfte und eine Kletterhalle sind.
Direkt neben dem Marinestützpunkt findet sich ein hübsches Sträßchen
Mit einem kleinen angelegten Park
Und dieser skurrilen Sackgasse

Während dieser Zeit tobte im Atlantik der Hurrikan Kirk, dessen Überreste gegen Mittwoch in der Biskaya ankommen sollten. Da die Wettermodelle sich mittlerweile darauf zu einigen schienen, dass der Sturm eher südlicher trifft, beschlossen wir, nur bis Lorient weiter zu fahren. Um nicht so viel nachts fahren zu müssen, planten wir einen Zwischenstopp auf der Îles de Glénon. Vorher mussten wir aber noch am Pointe du Raz vorbei. Während der Anfahrt fiel uns auf, dass wir diese Stelle bei der Routenplanung nicht beachtet hatten, sie aber mit 4kn Strömung durchaus spannend werden würde. Da wir geplant hatten dieses Stück gegen den Wind, ca. 10-15kn und 1.5m Welle zu motoren, schien uns das fast unmöglich. Wir motoren etwa mit 4kn gegen Wind und Welle. Also drehten wir ab und akzeptierten, dass wir die 25sm extra außen um das Riff fahren mussten. Allerdings drehte der Wind nach etwa einer Stunde auf Westen, sodass wir zum Umkehren gezwungen wurden. Also versuchten wir doch unser Glück durch die Passage zwischen dem Pointe und dem vorgelagerten Riff. Mit nun etwas nachlassender Strömung, Wind von der Seite und zusätzlicher Motorunterstützungen schafften wir es auch noch 2-3 kn Fahrt zu machen! Dabei wurden wir von der extrem unruhigen See völlig durch die Gegend geschubst und ständig spritzte Wasser über das ganze Boot. Alles kein Problem für ELMY, aber bei schlechten Bedingungen möchte man eine solche Passage wirklich nicht machen! Einige Stunden später als geplant, gegen Mitternacht, kamen wir dann an der Insel an, warfen den Anker und gingen schlafen.

Am nächsten Morgen konnten wir die schöne Bucht sehen und verstanden, warum es hier in der Hochsaison völlig überlaufen ist. Jetzt im Oktober waren wir allein.

Die Bucht am nächsten Morgen

Schon auf dem Weg nach Lorient begegneten wir mehreren Imocas, das ist die Klasse von Rennsegelyachten die aktuell bei vielen Hochseeregatten, wie dem Ocean Race und der Vendée Globe antreten. Die nächste Vendée Globe, eine Einhandregatta um die Welt, startet Mitte November in Les Sables-d’Olonne ganz in der Nähe. In Lorient liegen die meisten Imocas, wenn sie gerade nicht um die Welt segeln.

Eine Imoca

Gegen Mittag kamen wir in Lorient an und legten im Port Du Kernével an.

Fort an der Einfahrt nach Lorient

Lorient

ELMY sicher am Steg
Zwei Imocas liegen auch bei uns im Hafen.

Am nächsten Tag liefen wir nach Lorient. Zunächst führte der Weg sehr schön am Ufer entlang zu La Base. Danach mussten wir durch ein Industriegebiet in die Innenstadt, die ganz ok war – aber auch nicht mehr.

Wracks am Strand
Blick rüber nach La Base, eher rechts kann man die Seaexplorer von Boris Herrmann in schwarz, blau, gelb sehen.

Auf dem Rückweg besuchten wir dann noch La Base. Boris haben wir leider nicht getroffen.

Leider nur Foils, keine Segelstars zu sehen 😉

Dann besuchten wir noch das Segelmuseum. Fazit: ganz nett, aber eher an Nicht-Segler ausgerichtet. Für uns gab es nicht viel Neues…

Nach einem regnerischen Tag mit einigen Boots-ToDos ging es dann am Donnerstag morgen um 6 Uhr weiter Richtung La Rochelle.

Zum Sonnenaufgang sind wir bereits auf See

Dort müssen wir bis Freitag um 12:15 Uhr ankommen, da die Tore des Hafens 2.5h nach dem Hochwasser schließen, um den Wasserstand im Hafen zu halten. Die Windvorhersage versprach eher wenig Wind und den auch viel genau von hinten. So bereiteten wir uns auf einige Motorstunden vor und schlossen während wir segelten den Motor wieder an den Haupttank an, da der Diesel im Kanister für die weite Strecke nicht ausreichen würde.

Vorbei an einem großen Windpark
Ein kurzer Schauer zieht durch, wir können uns über das Wetter aber nicht beschweren!

Bei ca. 12-14 kn Wind genau von hinten, kamen wir bei hoher, aber sehr gemütlicher, langer Atlantikwelle die ganze Zeit etwas langsamer voran als geplant. Aber wir konnten Segeln! Erst gegen 6 Uhr morgens starteten wir den Motor und konnten bei leichtem Seitenwind bei Motorsegeln sehr schnell voran kommen und so die verlorene Zeit wieder locker aufholen.

La Rochelle

So kamen wir pünktlich in La Rochelle an.

Einfahrt nach La Rochelle

In La Rochelle machte ich mich direkt daran meine Rückfahrt zu organisieren. Da ich keine Lust hatte 10h Auto zu fahren, kaufte ich mir Umzugskartons, packte meine Sachen und schickte sie per UPS nach Ettlingen. Wenn die Kartons ankommen, war das eine sehr bequeme Art meinen Kram nach Deutschland zu bekommen, auch wenn ich mit der Sackkarre einmal durch die Innenstadt musste. Es kamen Erinnerung an die Aktion mit der Rettungsinsel auf – der Weg war aber diesmal deutlich freundlicher.

Danach blieb mir noch ein Tag, um das wunderschöne La Rochelle zu besuchen. Zum Abschluss meiner Reise mit Abstand die schönste Stadt der ganzen Tour!

La Rochelle ist um den Hafen herum gebaut, hat große Bereiche ohne Autos und die höchste Restaurant- und Cafédichte, die ich je gesehen hab. Definitiv ein Besuch wert!

La Poste
Der hintere der beiden Leuchttürme, die als Richtfeuer die Hafeneinfahrt markieren
Einige dieser Boot sind über 100 Jahre alt
Die Hafeneinfahrt für das älteste Becken
Blick über das Hafenbecken zur Innenstadt
Einen Strand hat La Rochelle auch
Und einen Park / Zoo, falls man mal eine Pause vom Kaffeetrinken braucht
Mode für Katze und Hund
Nochmal Hafen und ganz viele Cafés zum Schluss

Am Sonntag Morgen nahm ich dann den TGV nach Hause, nach einem Umstieg in Paris befinde ich mich gerade schon im Zug nach Karlsruhe.

Damit endet auch meine Reise. Vielen Dank fürs Verfolgen, Lesen und Mitfiebern!

P.S.: Vielleicht kommen in den nächsten 1-2 Wochen noch ein, zwei Artikel… (die 2 Wochen Bahamas fehlen noch 😂). Mal schauen….

Bootsarbeiten und Pause in Milford Haven

Zwischen der Abreise von Marietta und der Ankunft von Martin lag etwa eine Woche. Zur Erinnerung: Martin wird der neue Eigner von ELMY sein, mit ihm werde ich noch zur französischen Atlantikküste segeln, bevor ich dann von dort wieder nach Hause fahre.

Für diese Woche lag eine längere ToDo-Liste vor mir. Neben den üblichen Punkten bei Crewwechseln – wie waschen, putzen, aufräumen – standen noch einige Reparaturen und das Sortieren meines Krams (was bleibt auf ELMY, was nehme ich mit) auf der Liste.

Den Artikel habe ich in Bootsarbeiten und Freizeit getrennt, falls euch eins von beiden nicht interessiert, könnt ihr das so einfach überspringen.

Bootsarbeiten

Am Dienstag stellte ich morgen zunächst fest, dass ich keinen Landstrom mehr habe. Wie schon in Oban flog die Sicherung am Steg raus, sobald ich das Kabel einsteckte, auch wenn das Boot gar nicht angeschlossen war. Also holte mein Multimeter raus und maß den Widerstand zwischen den Leitungen, der im Prinzip nahe unendlich (im Megaohmbereich) liegen sollte. Zwischen den Leitungen war der Widerstand aber nur einige Kiloohm, was definitiv zu wenig ist und ohne Sicherung zur Erhitzung des Kabels und in Folge zu einem Kurzschluss führen könnte – gut, dass die Sicherung am Steg rausfliegt! Im Verdacht hatte ich eigentlich die Schukobuchse am Bootsende des Kabels, da diese nicht mehr so gut aussah. Da ich diese aber nicht abbekam, öffnete ich den Stecker, den man an Land einsteckt. Beim Öffnen war deutlich zu sehen, dass eine Menge Rost im Stecker war. Nach dem Abbauen des Steckers konnte ich den Stecker und das Kabel+Buchse getrennt messen und das Problem eindeutig auf den gerosteten Stecker zurückführen. Also bestellte ich bei Amazon einen neuen.

Viel Rost am wasserdichten (IP67) Stecker

Da ich den örtlichenen Marineelektronikfachmann leider nicht erreichen konnte, beschloss ich das Autopilotproblem nochmal selbst anzugehen. Beim Öffnen des Autopilotencomputers wurde mir sehr schnell klar, warum die Kupplung nicht mehr aktiviert wird: Der Stecker (innen im Gehäuse) hatte sich gelöst. Also wieder eingesteckt und getestet: Es funktioniert! Problem 1/3 behoben! Für die Ruderlagegeber brauchte ich noch ein weiteres Messgerät, da er mit einem Frequenzsignal funktioniert, also kam zu meiner Amazonbestellung noch ein billiges Oszilloskop dazu.

Am Mittwoch Mittag kam meine Bestellung dann auch schon an, ich mag Amazon zwar nicht so, aber die Möglichkeit am nächsten Tag etwas in einem Laden abholen zu können (wenn man keine Adresse hat!), ist einfach unschlagbar.

Mit dem Oszilloskop konnte ich dann den Ruderlagegeber nochmal kalibrieren und sehen, dass er eindeutig grundsätzlich funktioniert. Nun konnte ich auch wieder sehen, dass das Signal auf dem Bus wieder sichtbar ist. Trotzdem funktionierte es erst nach der langen Suche nach einer versteckten Einstellung erst wieder. Danach konnte ich die „Dockside“-Kalibrierungen endlich erfolgreich durchführen. Ob alles wirklich wieder richtig funktioniert, wird dann der erste Seatrial zeigen… Jetzt stellte sich noch die Frage: Warum gab es überhaupt ein Problem? Meine Vermutung war, dass der Stecker vom Ruderlagegeber auch etwas lose war und so einen Wackelkontakt verursacht hat. Alle weiteren Probleme sind wahrscheinlich durch die Reparaturversuche entstanden…

Das Oszilloskop im Einsatz
Man sieht wieder den Ruderwinkel (10° nach Backbord)

Die andere Autopiloten: Gertrud

Wie ihr euch vielleicht erinnert, ist Gertrud auf der Atlantiküberquerung ausgestiegen und der Reparaturversuch in Oban war leider nur kurz „erfolgreich“. Seitdem versuchte ich einen passenden Zahnriemen aufzutreiben. Nach langer Recherche für den Passenden (das genaue Modell gibt es nicht mehr), bestellte ich ihn zu Lena. Als Lena dann da war, mussten wir leider feststellen, dass der falsche Zahnriemen geliefert worden ist. Also habe ich der niederländischen Firma geschrieben und gebeten, die richtigen Zahnriemen nochmal zu Martin zu schicken. Die neuen Zahnriemen wurden auch prompt verschickt – zu Lena! Also schickte Lena sie bei Rückkehr weiter zu Martin, wo sie bis Mittwoch (nach 8 Tagen) immer noch nicht ankamen. Daher bestellte ich nochmal einen aus UK hier zu Marina. Donnerstag kamen dann alle, also auch bei Martin, an. Naja, so konnte den Einbau schonmal direkt erledigen. Dieser lief völlig problemlos und Gertrud tut wieder. Bevor ich das Projekt als erfolgreich deklariere, muss ein Test auf See und mit Welle aber erstmal zeigen, dass der Autopilot auch einige Belastung abkann.

Freizeit

Die Woche in Milford Haven war vom Wetter her sehr abwechslungsreich. Die guten Zeit hab ich für Spaziergänge genutzt, an den wechselhaften Tagen habe ich mal ein gutes Zeitfenster zum Laufen gesucht.

Milford Haven ist absolut industriegeprägt, auch die Häuser sehen klassisch nach einer Arbeitervorstadt aus. Die Landschaft ist sehr schön, daher gibt es immer mal wieder nette Ecken.

ELMY im Hafen
Eine sehr schöne Ecke
Ein typischer Strand….

Am Samstag war es den ganzen Tag schön angesagt, also machte ich eine längere Wanderung entlang des West Wales Coastal Path. Leider gibt es hier keinen ÖPNV mehr weiter in Richtung Kap, so dass ich den selben Weg hin- und zurück gehen musste. Nach einiger Zeit ging der Weg allerdings Mitten durch einen trocken fallendes Gebiet und war nur 2.5h vor und nach Niedrigwasser begehbar. So bin ich tatsächlich auf der Seeseite von einem Segelboot vorbei gelaufen!

„Nicht schlimm“ dachte ich mir, „dann geh ich halt die Hochwasseralternativroute zurück.“. Das war eine dumme Idee. Die Route führte leider 6km über Landstraßen außen herum und war somit sehr nervig zu gehen und überhaupt nicht schön. Da ich meine Fitness etwas überschätzt hatte, kam ich dann nachmittags völlig erschöpft am Boot wieder an.

Wunderschöner Strand

Am Dienstag kam dann Martin und ab jetzt geht es dann weiter Richtung Frankreich.