Heute morgen bekam ich eine Mail von MarineTraffic, dass Elmy auf dem Radar aufgetaucht ist. Normalerweise funktioniert das nur in Küstennähe.
Folgende Informationen können wir daraus lesen:
Position des Schiffes
aktuelle Geschwindigkeit
Aktueller Kurs: 39° (definitiv nicht direkter Zielkurs)
Distanz bis zum Ziel: circa 850 Seemeilen
Daraus wäre es theoretisch möglich, die ungefähre Ankunft zu errechnen. Da aber immer wieder aufgrund des Windes die Route angepasst werden muss, ist das auf die Distanz noch sehr ungenau.
Dennoch:
Da die Geschwindigkeit sehr unkonstant ist, ist die Berechnung natürlich nicht aussagekräftig. Ich hoffe doch sehr, dass sie keine 19 Tage mehr brauchen 😉
Mal kurz die Handbremse ziehen, Anker werfen oder irgendwo festmachen ist hier draußen nicht möglich. Rund um die Uhr halten wir Elmy am Laufen – oder ist es umgekehrt? Die ersten Nächte haben wir noch jeweils in 2er-Schichten aufgeteilt. Da wir nach über 4h immer völlig durchgefroren waren haben wir das Schicht-System kontinuierlich weiterentwickelt. Inzwischen teilen wir die Nacht in 3 Schichten auf. Jeder muss so nur etwas mehr als 2h oben ausharren. Einer von uns hat sogar immer „Urlaub“ und darf die Nacht durchschlafen. Wärme und Schlaf haben in der Priorisierung somit gegenüber Gesellschaft gewonnen. So verbringen wir Teile unserer Nächte immer alleine an Deck. Beobachten den Wind, passen bei Bedarf Kurs und Segel an, genießen bei klarem Wetter Sonnenauf- oder -untergang, lauschen exzessiv verschiedenen Podcasts oder treiben die Rekorde im Blocksudoku nach oben.
(Sascha)
Anmerkung Jenny:
Elmy ist so gebaut, dass sie ein recht stabiles Cockpit hat. Aus diesem fällt man auch bei überspülender Welle nicht so leicht raus. Dennoch trägt die Crew nachts eine Rettungsweste und macht sich an dafür vorgesehenen Stellen fest, wenn sie außerhalb des Cockpits hantieren (z.B. um ein Segel zu lösen). Auch Manöver werden immer gemeinsam durchgeführt.
In der letzten Nacht konnten wir dank der ruhigen See alle mal wieder gut und aufgrund der leicht gestiegenen Temperaturen auch warm schlafen. Die Erholung sollte jedoch nicht lange anhalten. Die größer werdenden Wellen sorgten dafür, dass die heutige Nacht zur Achterbahn-Fahrt mutierte. Das Querliegen in der Kabine in Kombination mit der vorhandenen Krängung sorgte dafür, dass die Nacht teils eher stehend statt liegend verbracht wurde. Demzufolge wurden sämtliche der zur Verfügung stehenden Schlafplätze durchprobiert. Am Morgen sorgte ein besonders großer Brecher, der das Deck überspülte, dafür, dass sowohl der Wachhabende auf dem Klo als auch die schlafende Crew erschrocken hochfuhren. Nur unser Skipper schlief selig weiter. An Deck können wir nun das sich uns bietende Schauspiel der teils über 4m hohen Wellen beobachten. Weitere Wetterprognose: – Wetterfee Lisa: Sturm – Jenny: Flaute (Windy) – Fastseas: guter Segelwind
So langsam haben wir uns mit den Bedingungen an Bord angefreundet und uns eingelebt. Unsere jüngsten Erlebnisse werden in einer aktuellen Folge des Bord-Podcasts festgehalten. Ansonsten verläuft der Tag ohne große Aufreger. Das letzte andere Schiff haben wir mittlerweile vor 48h gesehen. Dafür gibt’s zum abendlichen Sonnenuntergang Besuch von unerwarteter Seite. Die Möwe Moni lässt sich auf dem achterlichen Solarpanel nieder und wird so Teil eines Fotoshootings mit Skipper Mattis auf dem Sonnendeck. Scheinbar fühlt sie sich richtig wohl bei uns an Bord. Letztlich bleibt sie die ganze Nacht an Bord und verlässt uns erst wieder am nächsten Morgen. Die Bilanz: Eine glückliche Crew, ein vollgekacktes Dinghi, Sauberkeit des Solarpanels unklar.
Zum Morgengrauen bietet sich uns eine verhangene Aussicht. Statt klarer zu werden, wird der Nebel immer dichter. Ohne die wärmenden Sonnenstrahlen sind die Temperaturen an Deck wenig einladend. Daher verkriechen wir uns in den Salon und vertreiben uns die Zeit mit Kartenspielen. Mattis schafft das Kunststück, sein Skat-Punktekonto um 900 Punkte zu erleichtern. Elena verbringt derweil den ganzen Tag in der Horizontalen. Zu Beginn unserer Schichten zeigen sich aber auch positive Zahlen. Die Wassertemperatur ist inzwischen von 7 Grad auf 13 Grad angestiegen. Es besteht also Hoffnung, dass sich die gute Elmy langsam wieder von einem Kühlschrank zu einem angenehmen Reisegefährt entwickelt.
Mit moderatem Wind, aber anschiebender Welle von achtern genießen wir einen angenehmen Segeltag. Bei sonnigem Wetter vertreiben wir uns die Zeit mit einigen Runden Doppelkopf an Deck. Plötzlich passiert es: Die Angel schlägt mal wieder an. Euphorie und Vorfreude auf ein leckeres Abendessen flammen auf. Die Hochgefühle weichen jedoch schnell Entsetzen. Statt einem saftigen Fisch haben sich zwei Möwen in unserer Leine verhakt. Nachdem wir die Schlacht-Pläne schnell verworfen haben, starten wir die Rettungsaktion. Am Ende können wir das schusselige Federvieh erfolgreich befreien. Zum Abendessen beobachten wir eine Gruppe Wale, die am Horizont vorbeizieht. Leider können wir nur einige Schwanzflossen und die Fontänen beim Ausatmen erkennen.
Zum Auslaufen begrüßen uns beste Bedingungen vor der Küste. Bei bestem Segelwind werden schnell noch einige Crew-Bilder im T-Shirt bei angenehmen Temperaturen geschossen. Schon eine Stunde später zeigt das Thermometer im Schiffsinneren nur noch 12 statt 18 Grad und wir sitzen fröstelnd und dick eingepackt an Deck. Der Wind beschert uns aber ein schnelles Vorankommen. 151sm sollen es am Ende der ersten 24h werden. Über die Nacht flaut derWind dann langsam ab, dennoch sind wir auch heute mit unserem Speed zufrieden. Nach dem ersten schaukeligen Tag genießen wir das Dahingleiten bei leichten Wellen und strahlendem Sonnenschein.
Seit dem Auslaufen aus Halifax ist das Land außer Sichtweite. Sofern die Sicht nicht sowieso durch den Nebel verhangen ist, gibt es daher nicht viel zu entdecken. Ab und zu zeigt sich auf unseren Instrumenten ein anderes Schiff, meist können wir dieses dann auch irgendwann am Horizont erspähen. Als spannender erweisen sich dagegen unsere tierischen Besucher. In den vergangenen Tagen konnten wir vereinzelt immer mal wieder Delfine beobachten. Mal näher, mal weiter weg von Elmy. Auch kleinere Grindwale (?) haben sich bereits gezeigt. Heute morgen dann die große Überraschung. Luki hört nahe am Boot ein lautes Ausatmen. Zuerst entdecken wir ‘nur’ einige Delfine, die mit dem Boot spielen. Dann sehen wir auf einmal einen mächtigen Buckel. Anfangs noch weiter entfernt, kommen die Wale immer näher. Schließlich können wir direkt neben uns einen großen Schatten unter Wasser beobachten, der unter uns durchtaucht. Die Wale begleiten uns noch einige Minuten bevor sich langsam von uns entfernen. Kurz bevor sie im Nebel verschwinden folgt die Überraschung – der Buckelwal springt aus dem Wasser und klatscht mit dem Rücken in die Wellen. Wir können unser Glück kaum fassen & sind mehr als entlohnt für die vorherrschende Flaute.
Die ersten Tage unserer Überfahrt beschäftigt uns vor allem ein Thema – die bittere Kälte. Gefangen im Nebel ist die Sonne lange nicht zu sehen. Das Thermometer im Schiffsinneren zeigt 12 Grad, dazu 8 Grad Wassertemperatur. Letzteres sorgt dafür, dass der Boden im Boot eisig kalt ist. Dementsprechend verbringen wir die Zeit an Bord dick eingepackt und freuen uns zum Schichtwechsel wieder mit Wärmflasche ins Bett schlüpfen zu dürfen. Gestern Abend reist der Himmel plötzlich pünktlich zum Sonnenuntergang auf und beschert uns ein malerisches Farbenspiel. Auch heute strahlt die Sonne kräftig vom wolkenlosen Himmel. Wir verbringen die Zeit daher mit Kartenspielen auf dem achterlichen Sonnendeck, beobachten das Wellenspiel und hoffen vergeblich auf den ersten Fisch an unserer Angel.
(Sascha)
Sooo, 48h unterwegs, das flaue Gefühl wird weniger, aber Nebel und kalt ist bäh! 🤨 Sonst aber alles prima 👌 Aber der Sternenhimmel ist gerade wunderschön, mit Milchstraße und so.
(Mattis)
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Da Lisa die Crew über das kommende Wetter informiert, werden sie vsl. Halt in St. John machen. Ich sage voraussichtlich, weil Wind ein sehr dynamischer Prozess ist und sich die Voraussagen innerhalb eines Tages bereits wieder ändern können. Der angekündigte Sturm mit 45 Knoten für Sonntagabend vor Neufundland ist bereits wieder verschwunden.