Zeitreise

Schon seit der Abfahrt in Halifax ticken die Uhren an Bord anders. Da wir auf unserer Route nicht nur einiges an Strecke zurücklegen sondern auch mehrere Zeitzonen durchqueren, haben wir unsere Uhren auf UTC+0 eingestellt. Damit wollen wir das ständige Umstellen der Uhren vermeiden und auch die Kommunikation mit unserer Wetterfee vereinfachen.
In der Folge ergab sich vor allem in St Johns ein wilder Mix bei der Frage nach der richtigen Uhrzeit. Reden wir gerade von UTC, der Zeit zu Hause oder local time (die ggü Halifax zu allem Überfluss auch nochmal um 30min verschoben war)? Das Verstellen der Uhren hat zur Folge, dass Mahlzeiten zu ungewöhnlichen Uhrzeiten eingenommen werden. Auch eine Orientierung an der Sonne hat sich erübrigt. Wirklich dunkel ist es nur wenige Stunden in der Nacht.
Inzwischen leben wir daher vor allem nach dem Takt unserer Schichten. Dies hat zur Folge, dass das allgemeine Frühstück oft erst gegen 12 Uhr eingenommen wird. Im Zweifel siegt aber auch das Hungergefühl, das unzweifelhaft von einem unserer Mägen ausgerufen wird.

(Sascha)

Und dann hing das GPS-Gerät…

Für alle, die dachten, sie würden keine Strecke mehr machen oder hätten den Anker geworfen… Das GPS-Gerät war ausgegangen 🤷‍♀️

Und -ZACK- plötzlich sind sie am anderen südlichen Ende von Island. Die aktuelle Ankunftszeit wird voraussichtlich die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag sein. Der angepeilte Ort ist Oban. Ob sie dort nachts einlaufen können oder noch eine Nacht vor Anker liegen werden, müssen sie dann zu gegebener Zeit sehen.

GPS Sprung

Endspurt

Zum Start unserer Überfahrt in St Johns zeigte unser Plotter eine Entfernung von etwa 1750sm bis nach Schottland. Zwei Wochen, 1500 gesegelte Meilen und viele Erfahrungen später, haben wir inzwischen die Marke von 500sm bis zum Ziel geknackt. Das Ende unserer Reise kommt somit in Sicht. Aus diesem Anlass beginnt nun auch die Diskussion, ob wir direkt unseren Zielhafen Fort William anlaufen oder die verbleibende Woche noch dazu nutzen die vorgelagerten Inseln zu erkunden. Dabei müssen wir feststellen, dass unsere Entscheidung und Segelmotivation vor allem von der aktuellen Wetterlage abhängig ist. Gerade genießen wir das sich uns bietende Schauspiel der sich immer wieder aufbauenden Wellenberge, die wir mehr oder weniger gemütlich hinauf und wieder hinab surfen. Nach einigen Tagen mit eher wenig Wind oder vorherrschendem Gegenwind in denen wir nur langsam voran gekommen sind, geht es nun flott der europäischen Küste entgegen. Wohin uns der Wind noch genau treiben wird, werden die nächsten Tage zeigen.

(Sascha)

Wetterfee Lisa

Abgesehen von einem freundlichen Tanker, der sich bei unserer nächtlichen Begegnung über Funk nach unserem Wohlergehen erkundigte, konzentriert sich der zwischenmenschliche Austausch in den letzten Tagen vor allem auf uns. Von der Auẞenwelt sind wir ansonsten weitestgehend abgeschnitten. Während dies einerseits die positive Nebenwirkung mit sich bring, deutlich weniger Zeit mit dem Daddeln am Handy zu verbringen, fehlen uns andererseits auch wichtige Infos in Bezug auf die uns umgebende Wetterlage.
Hier kommt Lisa ins Spiel. Mehrmals täglich klingelt unser Garmin und kündigt neue Wetterinfos aus der heimatlichen Wetterzentrale an. Mit Ihr diskutieren wir die Lage der nächsten Tiefdruckgebiete und besprechen die verschiedenen Routingoptionen. Mit dabei sind auch immer einige aufmunternde Nachrichten. In diesem Sinne ein ganz fettes DANKESCHÖN nach Hause an unser 5. Crew-Mitglied und gute Wetterfee Lisa.

(Sascha)

Birthday@Sea

Ein Tag (26.6) unserer Überfahrt sollte aus speziellem Anlass noch hervorstechen: Elenas Geburtstag. Ihr erster Wunsch wurde prompt erfüllt und so zeigte sich nach einigen grauen Tagen endlich mal wieder die Sonne. Auch der seit Tagen vermisste zweite Pantoffel wurde pünktlich wiedergefunden und feierlich überreicht. Unter Anleitung von Chefkoch Luki legte sich die inzwischen eingespielte Küchen-Crew zudem besonders ins Zeug. So wurden ein Geburtstagskuchen (der wohl etwas zu viel Salz aus dem Atlantik angenommen hatte) und zum krönenden Abschluss Pfannen-Pizza in der Outdoor-Küche gezaubert.

(Sascha)

Zeitblase Atlantik

Mittlerweile verschwimmen die Tage zunehmend. Im Gegensatz zu den ersten Tagen kommt der Wind nun allerdings meist von vorne, was unseren Fortschritt in Richtung Europa etwas verlangsamt hat. Neben der Abwechslung, die sich uns durch die unterschiedlichen Wellen bietet, gibt es auch immer wieder tierischen Kontakt. Ein (Buckel?)Wal zeigt sich nur 10m von uns entfernt und begleitet uns ein Stück. Ebenso tauchen immer wieder Delfine in unterschiedlicher Anzahl auf.
Auch an der Angel geht es weiter zur Sache. Die Möwen 3 und 4 werden erfolgreich und unverletzt befreit. Ansonsten bleibt der Haken leider leer.

(Sascha)

Mini Update

Die Crew dümpelte in einer Flaute. Daher kamen sie die letzten Tage kaum voran. Laut Mattis konnten sie das aber ganz gut genießen und haben anständig geschlafen. Seit einigen Stunden ist der Wind zurück und sie sind wieder auf direktem Kurs nach UK.

Ein Wal war wohl neben dem Boot zu bestaunen und die Sonne ließ sich ab und an, wenn auch selten, blicken.

Elmy via AIS ‚gesichtet‘

Heute morgen bekam ich eine Mail von MarineTraffic, dass Elmy auf dem Radar aufgetaucht ist. Normalerweise funktioniert das nur in Küstennähe.

Folgende Informationen können wir daraus lesen:

Position des Schiffes

aktuelle Geschwindigkeit

1,8 kn

Aktueller Kurs: 39° (definitiv nicht direkter Zielkurs)

Distanz bis zum Ziel: circa 850 Seemeilen

Daraus wäre es theoretisch möglich, die ungefähre Ankunft zu errechnen. Da aber immer wieder aufgrund des Windes die Route angepasst werden muss, ist das auf die Distanz noch sehr ungenau.

Dennoch:

Berechnung der Ankunftszeit

Da die Geschwindigkeit sehr unkonstant ist, ist die Berechnung natürlich nicht aussagekräftig. Ich hoffe doch sehr, dass sie keine 19 Tage mehr brauchen 😉

Sailing 24/7

Mal kurz die Handbremse ziehen, Anker werfen oder irgendwo festmachen ist hier draußen nicht möglich. Rund um die Uhr halten wir Elmy am Laufen – oder ist es umgekehrt? Die ersten Nächte haben wir noch jeweils in 2er-Schichten aufgeteilt. Da wir nach über 4h immer völlig durchgefroren waren haben wir das Schicht-System kontinuierlich weiterentwickelt. Inzwischen teilen wir die Nacht in 3 Schichten auf. Jeder muss so nur etwas mehr als 2h oben ausharren. Einer von uns hat sogar immer „Urlaub“ und darf die Nacht durchschlafen. Wärme und Schlaf haben in der Priorisierung somit gegenüber Gesellschaft gewonnen. So verbringen wir Teile unserer Nächte immer alleine an Deck. Beobachten den Wind, passen bei Bedarf Kurs und Segel an, genießen bei klarem Wetter Sonnenauf- oder -untergang, lauschen exzessiv verschiedenen Podcasts oder treiben die Rekorde im Blocksudoku nach oben.

(Sascha)

Anmerkung Jenny:

Elmy ist so gebaut, dass sie ein recht stabiles Cockpit hat. Aus diesem fällt man auch bei überspülender Welle nicht so leicht raus. Dennoch trägt die Crew nachts eine Rettungsweste und macht sich an dafür vorgesehenen Stellen fest, wenn sie außerhalb des Cockpits hantieren (z.B. um ein Segel zu lösen). Auch Manöver werden immer gemeinsam durchgeführt.

Cockpit (besseres Bild konnte ich nicht finden – ohne zweites Polster unterm Popo sehe ich nichts, weil zu klein) 😉
Cockpit mit Fabi im April (und Mattis im Hintergrund auf dem achterlichen Sonnendeck)

Berg und Tal

In der letzten Nacht konnten wir dank der ruhigen See alle mal wieder gut und aufgrund der leicht gestiegenen Temperaturen auch warm schlafen. Die Erholung sollte jedoch nicht lange anhalten. Die größer werdenden Wellen sorgten dafür, dass die heutige Nacht zur Achterbahn-Fahrt mutierte. Das Querliegen in der Kabine in Kombination mit der vorhandenen Krängung sorgte dafür, dass die Nacht teils eher stehend statt liegend verbracht wurde. Demzufolge wurden sämtliche der zur Verfügung stehenden Schlafplätze durchprobiert. Am Morgen sorgte ein besonders großer Brecher, der das Deck überspülte, dafür, dass sowohl der Wachhabende auf dem Klo als auch die schlafende Crew erschrocken hochfuhren. Nur unser Skipper schlief selig weiter. An Deck können wir nun das sich uns bietende Schauspiel der teils über 4m hohen Wellen beobachten. Weitere Wetterprognose:
– Wetterfee Lisa: Sturm
– Jenny: Flaute (Windy)
– Fastseas: guter Segelwind

(Sascha)