So langsam haben wir uns mit den Bedingungen an Bord angefreundet und uns eingelebt. Unsere jüngsten Erlebnisse werden in einer aktuellen Folge des Bord-Podcasts festgehalten. Ansonsten verläuft der Tag ohne große Aufreger. Das letzte andere Schiff haben wir mittlerweile vor 48h gesehen. Dafür gibt’s zum abendlichen Sonnenuntergang Besuch von unerwarteter Seite. Die Möwe Moni lässt sich auf dem achterlichen Solarpanel nieder und wird so Teil eines Fotoshootings mit Skipper Mattis auf dem Sonnendeck. Scheinbar fühlt sie sich richtig wohl bei uns an Bord. Letztlich bleibt sie die ganze Nacht an Bord und verlässt uns erst wieder am nächsten Morgen. Die Bilanz: Eine glückliche Crew, ein vollgekacktes Dinghi, Sauberkeit des Solarpanels unklar.
Zum Morgengrauen bietet sich uns eine verhangene Aussicht. Statt klarer zu werden, wird der Nebel immer dichter. Ohne die wärmenden Sonnenstrahlen sind die Temperaturen an Deck wenig einladend. Daher verkriechen wir uns in den Salon und vertreiben uns die Zeit mit Kartenspielen. Mattis schafft das Kunststück, sein Skat-Punktekonto um 900 Punkte zu erleichtern. Elena verbringt derweil den ganzen Tag in der Horizontalen. Zu Beginn unserer Schichten zeigen sich aber auch positive Zahlen. Die Wassertemperatur ist inzwischen von 7 Grad auf 13 Grad angestiegen. Es besteht also Hoffnung, dass sich die gute Elmy langsam wieder von einem Kühlschrank zu einem angenehmen Reisegefährt entwickelt.
Mit moderatem Wind, aber anschiebender Welle von achtern genießen wir einen angenehmen Segeltag. Bei sonnigem Wetter vertreiben wir uns die Zeit mit einigen Runden Doppelkopf an Deck. Plötzlich passiert es: Die Angel schlägt mal wieder an. Euphorie und Vorfreude auf ein leckeres Abendessen flammen auf. Die Hochgefühle weichen jedoch schnell Entsetzen. Statt einem saftigen Fisch haben sich zwei Möwen in unserer Leine verhakt. Nachdem wir die Schlacht-Pläne schnell verworfen haben, starten wir die Rettungsaktion. Am Ende können wir das schusselige Federvieh erfolgreich befreien. Zum Abendessen beobachten wir eine Gruppe Wale, die am Horizont vorbeizieht. Leider können wir nur einige Schwanzflossen und die Fontänen beim Ausatmen erkennen.
Zum Auslaufen begrüßen uns beste Bedingungen vor der Küste. Bei bestem Segelwind werden schnell noch einige Crew-Bilder im T-Shirt bei angenehmen Temperaturen geschossen. Schon eine Stunde später zeigt das Thermometer im Schiffsinneren nur noch 12 statt 18 Grad und wir sitzen fröstelnd und dick eingepackt an Deck. Der Wind beschert uns aber ein schnelles Vorankommen. 151sm sollen es am Ende der ersten 24h werden. Über die Nacht flaut derWind dann langsam ab, dennoch sind wir auch heute mit unserem Speed zufrieden. Nach dem ersten schaukeligen Tag genießen wir das Dahingleiten bei leichten Wellen und strahlendem Sonnenschein.
Endlich ist der Tag gekommen, dem wir seit nun etwa einem Jahr entgegengefiebert haben. Nachdem wir in den vergangenen Tagen viel im Hinblick auf den idealen Abfahrtszeitpunkt hin und her diskutiert haben, probieren wir es jetzt einfach.
Zumindest für die kommenden Tage sind keine bösen Überraschungen vorhergesagt. Das Routing verspricht uns eine Fahrtdauer von etwa 14 Tagen. Angesichts der sich ständig verändernden Vorhersagen sind wir dabei vor allem auch auf unsere Wetterfee Lisa angewiesen. Auch werden wir mit der Unterstützung von Jenny versuchen, hier im Blog weiterhin kleinere Updates während der Überfahrt einzuspielen.
Mit dem Ziel, um 10 Uhr lokaler Zeit vor dem Hafen in Richtung Osten starten zu können, beginnen wir den Tag heute schon früh. Die letzten Dinge werden seefest verräumt, der Müll wird geleert und die Wassertanks noch mal randvoll aufgefüllt. Dann heißt es ‚Leinen los‘. Zwischen den links und rechts steil aufragenden Klippen geht es hinaus aufs offene Meer. Das schöne St John’s, das uns einige schöne und vor allem auch warme Tage beschert hat, wird hinter uns schnell immer kleiner. Für uns geht es nun der Heimat entgegen. Wir sind gespannt, welche Erfahrungen die kommenden Tage für uns bereithalten werden.
Bereits am Abend zuvor hat uns das wenn auch kurze, aber dennoch regelmäßig auftretende Röhren unserer Wasserpumpe stutzig gemacht. Die gute Elmy scheint mal wieder irgendwo Wasser im System zu verlieren. Nach einigen halbherzigen Versuchen am Abend zuvor stecken Mattis und Elena heute Morgen nach dem Frühstück mal wieder kopfüber in den Schiffsinnereien und machen sich erfolgreich auf Lecksuche. Die To-do-Liste hält währenddessen auch für Luki und Sascha noch einige Punkte bereit und so ist der Vormittag an Bord wieder schnell verflogen.
Zum Mittagessen machen wir uns noch mal auf den Weg in die Stadt. Seafood soll es sein. In der ikonischen George Street werden wir schließlich in einem Pub fündig und genießen unser Essen in der Sonne sitzend. Im Anschluss stocken wir unsere Gemüse- und Obst-Vorräte noch einmal auf. Mattis und Sascha nutzen den noch vorhandenen Auslauf für ein finales Sportprogramm. Elena und Luki kümmern sich zeitgleich um die Essensvorbereitung für den ersten Tag auf See. Mit Cole Slaw und einem lecker duftenden Kuchen sind wir bestens gerüstet für den ersten Tag der Überfahrt. Wir hoffen natürlich, diesmal auch alles in uns behalten zu können.
Zum Abschluss steht Körperpflege auf dem Tagesprogramm. Alle hüpfen wir in dem ruhigen Hafenbecken noch einmal unter die enge Borddusche. Nach dem Abendessen wird noch klar Schiff gemacht. Und dann geht es auch schon früh ins Bett, um die vorerst letzte Nacht im ruhigen Hafenbecken für erholsamen Schlaf zu nutzen.
Bei eher bedecktem Wetter machen wir, was man an einem Sonntag tun sollte – wir schlafen aus. Nach einem gemütlichen Frühstück widmen wir uns den kleineren Aufgaben der To-do-Liste. Elena säubert liebevoll die Bilgen-Pumpe. Sascha tauscht die Dichtungen an der Toilette und verlegt die Wasserleitungen neu. Beides unter der Aufsicht und mit Unterstützung von Mattis. Währenddessen kümmert sich Luki um die Verpflegung an Bord.
So genießen wir den stressfreien Tag und lassen die Zeit dahin plätschern. Nach einem gemütlichen Mittagsschläfchen wird noch mal das Wetter gecheckt. Ergebnis: Den Montag werden wir angesichts der schwankenden Vorhersagen noch in St John’s verbringen und beobachten weiter. Zudem entscheiden wir uns angesichts des Wetters dafür, den geplanten Stadtausflug auf morgen zu verschieben. Mehr als 10m werden wir uns heute nicht von Elmy entfernen. Den Rest des Tages verbringen wir daher vor allem mit Karten spielen.
Nach einer erholsamen Nacht mit tiefem Schlaf starten wir am Freitagmorgen bereits früh. Um die anstehenden Aufgaben effektiv anzugehen teilen wir uns mal wieder auf. Luki und Elena brechen mit den Segeln im Gepäck auf, um diese reparieren zu lassen. Mattis und Sascha bleiben an Bord, kümmern sich um die Wäsche und starten die Schupfnudel-Fertigung. Beide Teams genießen dabei aber auch in vollem Maße die kräftig scheinende Sonne.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen an Bord und einer weiteren Einheit Sonnenbaden machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Hier bietet sich ein ganz anderes Bild als noch in Halifax. Wir finden uns in einer Mischung aus Reeperbahn mit zahlreichen Tabledance-Bars und Straßen voller schnuckeliger nordischer Häuschen wieder.
In dem örtlichen Atlantik-Store decken wir uns als erstes mit weiteren Lagen Fleece und dicken Handschuhen ein. Elena wird dabei Opfer einer wild gewordenen Biene. Dies führt dazu, dass Luki ihr erst mal mitten im Laden leidenschaftlich das Bienengift aus dem Schlüsselbein saugt.
Nach einer kurzen Kaffee-Stärkung, bei der wir gierig am leider schlechten Café-WLAN saugen (es werden mehr Podcasts für die Nachtschichten benötigt), biegen wir dann ab in Richtung Natur. Wir besteigen die Hügel und Klippen, die die Stadt und den Hafen umgeben. Den Abend lassen wir in einer geselligen Brauerei bei lauter Live-Musik ausklingen. Deren Lage in einer Art kleinem Fjord tut ihr übriges zum guten Flair.
Samstag
Endlich ist mal wieder Ausschlafen angesagt. Beim Frühstück werden Pläne für den Tag geschmiedet. Schließlich teilen wir uns wieder in die bewährten Teams auf. Ziel ist Cape Spear, der östlichste Punkt Nordamerikas. Scheinbar bleibt uns das Glück im Hinblick auf das Wetter treu. Zumindest sprechen uns alle darauf an, dass es hier normalerweise nicht so sonnig ist.
Elena und Luki steigen auf der Hälfte der Hinfahrt aus, Mattis und Sascha möchten den Rückweg dagegen über die volle Distanz von ca. 18 km antreten. Alle sind wir beeindruckt von der atemberaubenden Landschaft und der sich uns bietenden Aussicht.
Von der Zivilisation ist schnell nichts mehr zu sehen. Die Landschaft ist ein Mix aus Hochebene und Küstenlandschaft. Der schmale Trail schlängelt sich durch das saftige Grün, windet sich immer wieder Klippen nach oben und führt uns wieder zurück auf Meereshöhe. Alle 10 Minuten ändert sich das Bild dabei um uns herum. Auf Abschnitte mit Nadelgehölz folgen helle Buchen. Immer wieder kommen wir auch an hoch gelegenen Seen vorbei oder müssen kleinen Matschfeldern ausweichen. Am Ende sind wir ziemlich geschafft, aber glücklich.
Zurück am Boot genießen wir die nächste Portion Schupfnudeln und beschäftigen uns dabei mit der Routenplanung. Zusammen mit Lisa diskutieren wir verschiedene Varianten für den idealen Zeitpunkt unserer Abfahrt. Die aktuelle Wetterlage macht dies nicht so einfach. Starten wir zu früh, stehen wir vermutlich in der Flaute. Warten wir zu lange, landen wir mitten in einem Tiefdruckgebiet mit 6m Welle. Zu lange warten verkürzt den uns zur Verfügung stehenden Puffer. Erstmal entschließen wir uns jedoch dafür, nicht wie ursprünglich geplant am Sonntag zu starten, sondern weiter abzuwarten und die Wettervorhersage zu beobachten. Der neue Plan sieht vor voraussichtlich am Dienstagmorgen aufzubrechen.
Nachdem wir bereits über die Nacht hinweg mit teils sehr schwachen Winden zu kämpfen hatten und kaum voran gekommen sind offenbart uns das erste Tageslicht die nächste schlechte Nachricht: Unser Vorsegel hat einen etwas 30-40cm langen Riss. Um weitere Beschädigungen zu vermeiden sind wir sofort auf das kleinere Vorsegel gewechselt.
Nach kurzer Beratung war dann schnell klar, dass wir die Option in St John’s nochmal zu halten nutzen werden. Lisa setzt sich auch sofort mit einem örtlichen Segelmacher in Verbindung und prüft die Optionen vor Ort. Insgeheim sind wir wohl alle auch ein Stück weit froh noch einmal eine kurze Verschnauf- und Aufwärmpause vor dem ganz großen Sprung zu erhalten.
Nachdem unsere Laune durch den tierischen Besuch (vgl. letzter Eintrag) wieder deutlich aufgebessert war, setzen wir Kurs in Richtung des auf Neufundland gelegenen Hafens. Der Wind ist uns dann auch gut gesonnen und so beschleunigt sich unsere Fahrt den Tag über immer weiter.
Donnerstag
Über Nacht nimmt der Wind weiter zu. Daher verkleinern wir bereits vor Beginn unserer Einzel-Schichten die Segelfläche. Dennoch flitzen wir nun mit hoher Geschwindigkeit auf die Südspitze von Neufundland zu. Dies beschert uns allerdings auch eine eher ruppige Nacht. Aus der Bugkabine wird in den Salon geflüchtet und wir sichern uns mit den Leesegeln gegen das Herausfallen aus unseren Betten.
Zum Sonnenaufgang heißt es dann nach etwas mehr als 4 Tagen wieder ‚Land in Sicht‘. Am frühen Nachmittag sind wir schließlich auch vor dem Hafen angekommen. Leider war es uns nicht erlaubt direkt auf der Stadtseite im Hafen festzumachen. Der sehr nette Hafen-Meister hatte zu seinem eigenen Bedauern nur ein Plätzchen im Industriehafen für uns. So machten wir schließlich neben den Schiffen der Coast Guard fest.
Nach kurzer Verschnaufpause ging es direkt an die Organisation der notwendigen Reparaturen. Das Segel sollten wir direkt am nächsten Morgen zum Segelmacher bringen. Daher machten wir uns direkt daran dieses auszubauen. Nach einem schnellen Abendessen, einem kurzen Skipper-Nap und einigen Runden Doppelkopf, schlüpften wir dann auch schnell ins unsere Betten und genossen die ruhige sowie warme Nacht an Bord.