Alte und neue News: Wochenreport

Wir haben uns schon länger nicht mehr mit einem richtigen Update bei euch gemeldet. Dafür gab es verschiedene Gründe: Mal weil die Unterwasserwelt um uns herum zu schön war, mal weil wir bei der Rückfahrt zu weit von der Küste weg waren und deshalb kein Netz hatten – oder weil wir unsere Probleme lieber verdrängen wollten, als sie auch noch zu verschriftlichen.

Daher hier erst ein paar positive Nachrichten:

  • Wir können unter Segel (ohne Motorunterstützung) ankern und den Anker auch wieder hochholen und ablegen.
  • Wir brauchen zum Ankern auch keine Elektronik, da wir die Kette auch von Hand aus dem Ankerkasten rausziehen und dann dem Anker geben können, damit dieser gemächlich auf den Grund fällt.
  • Unser Garmin inReach Safety Plan funktioniert:
    • Wenn wir zu weit von der Küste entfernt sind und kein Telefonnetz haben, können wir über einen kleinen Satellitenresponder SMS verschicken und empfangen – richtig old school für 50ct pro SMS mit maximal 160 Zeichen.
    • Wir haben mehrere gute Kontakte, von denen einer auch schnell antworten und uns helfen konnte (5*1000-Dank).
  • Wir haben auch ein paar Connections zu Leuten mit mehr Ahnung von Technik und Motoren (Vielen Dank auch an euch).
  • Von Elektronik hat unsere Crew, also Mattis, genug Ahnung, um nicht nur auf Fehlersuche zu gehen, sondern auch um diese zu identifizieren und zu lösen.
  • Das schnell ansteigende Wasser in der Bilge kommt von keinem Leck und wir haben das Problem beheben können.

Falls ihr jetzt denkt, huch, von dem Problem hab ich noch gar nicht gehört – ja, wir vermutlich letzte Woche auch noch nicht.

Was ist passiert

Sonntag

Nach unseren zwei wunderschönen Tagen in den Tobago Cays (Bilder), fuhren wir am Sonntag weiter in den Süden nach Union Island. Da unsere Starterbatterie leer war (wir sind zu viel gesegelt), haben wir den Motor beim Segeln im Leerlauf mitlaufen lassen. Bis dieser anfingen sehr stark zu stinken und zu qualmen, so dass wir ihn sofort ausmachten.

Beim Öffnen der Bodenplatte zum Motorraum kam uns viel weißer Qualm entgegen. FFP2 Masken kamen zum Einsatz, damit Lisa weitersteuern und Mattis sich dem Motorraum nähern konnten. Lukas drehte die Dieselleitung ab und suchte die Feuerlöscher. Diese mussten glücklicherweise nicht eingesetzt werden.

Wir machten einen Plan, wie wir auch unter Segel ankern können und beschlossen, das Problem danach anzugehen. Ankern klappte hervorragend. Die Problemsuche dagegen eher mäßig. Das Kühlwasser war fast komplett leer und wurde nachgefüllt.

Montag

Bei genauerer Inspektion war ersichtlich: der Keilriemen war heruntergerutscht. Mattis, Elena und Lukas bauten den Ersatz ein. Beim Motor testen, blubberte dass Kühlwasser weiterhin heftig.

Wir beschlossen noch eine weitere Nacht vor Union Island zu bleiben und uns dort mit genügend Vorrat für die direkte Rückreise nach Martinique einzudecken. Mattis konnte endlich wieder eine Runde Joggen gehen.

Dienstag

Skipper Mattis deklarierte uns morgens noch aus und wir legten unter Segel ab. Die Strecke von St. Vincent und den Grenadinen an St. Lucia vorbei nach Le Marin auf Martinique ist 120 Seemeilen lang. Die Wettbeträge, wie lange wir dafür gegen den Wind brauchen, lagen zwischen 36 und 51 Stunden. (Mittwoch 23 Uhr bis Donnerstag 13:37 Uhr)

Mittwoch

Die erste Nacht war für Elena, Mattis und Lisa ein Highlight, da ihnen um 3 Uhr noch eingefallen war, dass der Wassermacher noch nicht durchgespült wurde. Beim Anschalten der Salzwasserpumpe ist leider nicht der Hahn zur Spüle zugedreht worden, wodurch wir einen Teil der Küche unter Wasser gesetzt haben.

Bis zur zweiten Flaute am Mittwoch morgen lief es ganz gut, wir hatten schon über die Hälfte der Strecke hinter uns. Danach kam der wenige Wind von weiter nördlich und selbst wenn wir hart am Wind fuhren, haben wir kaum noch Strecke aufs Ziel gemacht.

Dazu hatten wir noch bis zu 2 Knoten Strom gegen uns. Der Mittwoch war deshalb sehr gemütlich. Wir terraformten zu fünft den Mars, während wir kaum voran kamen. Als abends immer noch über 40 Seemeilen vor uns lagen, war schon absehbar, dass Hannah mit ihren 51 Stunden gewinnen wird.

Zwischenzeitlich ist uns aufgefallen, dass die automatische Bilgenpumpe permanent anspringt. Den Grund für den schnellen Wasseranstieg wurde schnell gefunden: Bei Krängung nach Backbord liegt der Bilgenpumpenauslass unter der Wasserlinie. Dadurch floß Meerwasser in die Bilge.

Die Pumpe schaffte es glücklicherweise, die Bilge alle paar Minuten wieder zu leeren. Wir hatten noch einen Rücklaufventil, das wir inzwischen auch eingebaut haben und somit ist dieses Problem gelöst.

Donnerstag

Am nächsten Morgen war die Stimmung der Crew noch erstaunlich gut, obwohl schon rumgerechnet wurde, ob wir es bis Samstag überhaupt nach Martinique schaffen. Folgende Punkte waren am Donnerstag um 10 Uhr zu beachten:

  • In Le Marin gibt es am wahrscheinlichsten Mechaniker und evtl. sogar Ersatzteile, für unseren kaputten Motor
  • Das Wetter (Wind) für die nächsten 24 Stunden sieht weiterhin nach Flaute aus (Diese Infos haben wir durch Garmin inReach Wetterservice bekommen)
  • Samstag Nachmittag landet Jenny auf Martinique
    • Am 5. Januar muss Jenny auf Guadeloupe sein
    • Jenny muss die Ferien auch zur Erholung und für Urlaub nutzen
  • Montag Abend fliegen Lukas und Elena von Martinique zurück
  • In der Rodney Bay auf St. Lucia könnten wir vermutlich heute noch unter Segel ankern
  • Wir haben kein Telefonnetz und können uns nicht informieren über:
    • Hat irgendein Mechaniker noch vor den Feiertagen Zeit, sich unseren Motor anzuschauen und kann uns helfen?
    • Gibt es einen Abschleppdienst für die 27sm nach Le Marin?
    • Gibt es eine Fähre von Rodney Bay nach Martinique und anders herum? (Spoiler: Nein.)
  • Wir kreuzen und fahren fast genau die gleiche Strecke zurück
  • Essen und Trinken haben wir vermutlich genug
  • Wie funktioniert eigentlich dieses SMS schreiben von Garmin und wer könnte uns jetzt überhaupt helfen?

Letzten Endes sind uns drei Menschen eingefallen, die etwas Ahnung vom Segeln, Motoren und Französisch haben. Einer hat sehr schnell geantwortet und unsere verschiedenen Kontakte auf Martinique abtelefoniert. Ergebnis:

Wir ankern unter Segel vor der Rodney Bay und evtl. kann der Mechaniker von St. Lucia uns am Freitag helfen. Dort haben wir dann auch Internet und können hoffentlich auch wieder mehr selber organisieren.

Ein Problem kommt selten allein

Das erste Mal, dass wir bemerkt haben, dass die Elektronik Probleme macht, war vor 1-2 Wochen. Da ist eine Sicherung aus dem neuen Solarladeregler durchgeschmolzen. Seitdem ist uns manchmal aufgefallen, dass eine Lampe flackert oder die Ladegeräte nicht ganz konstant laden.

Es war noch vor Sonnenuntergang als wir den Motor testeten, um zu checken, ob er uns beim Ankern unterstützen kann. Wir starteten ihn kurz vor Rodney Bay. Szapp – die komplette Elektronik fiel aus: Navigationsgeräte, Kühlschrank, Lichter etc. Alles aus.

Wir schalteten alle Sicherungen aus. Wir schalteten erst den Solarstrom an und danach die andern Sicherungen. Dann war alles wieder gut. Nachdem wir den schönen Sonnenuntergang bewundert haben, bereiteten wir uns langsam aufs Ankern vor. Beim Einfahren in die Bucht passierte es wieder: szapp, kein Licht, keine Ankerwinsch, keine Navigationsgeräte, kein Tiefenmesser.

ELMY Navionics (Stand 22.12.23 19:45): Schwarze Linien ist unser Track von ELMY. 1) Kreuzen ohne Streckengewinn aufs Ziel 2) Stromausfall 3) Rodney Bay

Da wurde nochmal kurz aufs Ankern ohne Strom und Motor umgeplant. D.h. Mattis zog die Kette aus dem Ankerkasten und legte sie so bereit, dass er sie mit dem Anker auf den Grund führen konnte. Hannah stand bereit, um die Ankersicherung zu lösen und wieder reinzumachen. Lukas hat sich um die Segel beim Anlegen gekümmert. Elena stand am Steuer und Lisa hat daneben unterstützt und koordiniert.

Es klappte alles, wie geplant. Durch einen Bullenstander versuchten wir noch den Anker etwas „einzudampfen“. Dabei ist das Ziel, dass die Kette auf Zug kommt, der Anker sich aufrichtet und dadurch eingräbt. Normalerweise wird die Drehzahl im Rückwärtsgang erhöht, um sich zu versichern, dass der Anker hält.

Freitag

Neuer Tag, neues Glück. Noch vor 08:00 Uhr früh wird überlegt, was aus dem Kühlschrank alles schnellstmöglich verbraucht werden muss. Pünktlich um 8 werden dann nochmal alle Mechaniker abtelefoniert, denen wir gestern schon auf die Mailbox gesprochen haben. Leider geht niemand ran.

Mattis nimmt in seiner Motorraumhose und -shirt seine designierte Position ein.

  • Problem 1: Wieso haben wir so einen Spannungsabfall im Netz?
    • Nach kurzer Fehlersuche war klar, dass einer der Batteriehauptschalter dafür verantwortlich ist. Wir konnten es vorübergehend lösen und kaufen uns in Martinique noch ein Ersatzteil, damit das auch dauerhaft wieder passt.
  • Problem 2: Können wir noch irgendwas selber für den Motor tun?
    • Nachdem wir dem Kühlwasser nochmal fünf Minuten beim Blubbern zugeschaut haben, war die Antwort „Nein“.

Da die Mechaniker auf St. Lucia keine konkrete Hilfe anboten und wir mit dem Ankommen auf Martinique einige Punkte auf unserer Liste abhaken können, beschlossen wir weiterzusegeln.

Der Wind hatte auch etwas zu unseren Gunsten gedreht und so legten wir wieder unter Segel ab. Inzwischen sind wir nur noch 10 Seemeilen von St. Anne entfernt. Von dort werden wir uns vermutlich in die Bucht von Le Marin abschleppen, entweder mit unserem Dinghy oder mit Hilfe von Nelly. Vor den Feiertagen wird uns leider niemand bei unserem Motorproblem helfen können.

Sonnenuntergang auf dem Weg nach St. Anne

Jetzt gibt’s gleich wieder Reis mit Zeugs. Die großen Atlantikwellen (3m) sind inzwischen hinter uns. Der Sonnenuntergang war mal wieder wunderschön. Und Delfine haben wir heute auch gesehen! War ein guter Tag – und vielleicht ankern wir ja noch vor dem Sonnenaufgang.

Delfinschule schwimmt unter ELMY durch

Update Freitag 22.12.23 22:00 Uhr: Nur noch 3,75sm nach St. Anne.

Update Freitag 22.12.23 23:58 Uhr: Wir ankern unter Segel vor St. Anne.

3 Gedanken zu „Alte und neue News: Wochenreport“

  1. Hallo zusammen,
    es grüßen euch aus dem verregneten und stürmischen Bonn
    Jupp und Gila
    Vielen Dank, dass ihr uns an eurer Abenteuerreise ein wenig teilhaben lasst. Wir genießen es :-)!
    Schön zu lesen, dass ihr die Herausforderungen, die sich bei euch ergeben, als Team meistert und ihr euch wohl auch mit euren unterschiedlichen Kompetenzen gut ergänzt.
    Und wie schön, wenn man auch in Deutschland ein paar sachkundige Freunde hat.
    Wir wünschen euch jetzt erst mal hoffentlich entspannte Weihnachtstage zu sechst!!!

  2. Hallo zusammen, wir können gut nachvollziehen, dass das schwierige Entscheidungen waren, vor allem bei den hohen neuen Investionskosten.
    Aber wir hätten es genauso entschieden. Mit einem neuen Motor können die weiteren Fahrten und vor allem die Atlantiküberquerung sicherlich mit einem besseren Gefühl angegangen werden und wer weiß, vielleicht steigert der neue Motor ja auch den Wert des Bootes :-)!
    Wir wünschen euch, dass der Einbau nun problemlos funktioniert und ihr dann wieder optimistisch weitersegeln könnt.
    Viel Glück!!!
    Jupp und Gila

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